Bericht des Gilgamesch

über die Flutkatastrophe

 

Das Gilgameschepos ist das bekannteste sumerische Epos. Eigentlich geht es beim Gilgameschepos um die dramatische Suche des Gilgamesch nach Unsterblichkeit. Glücklicherweise wird auf der elften Tafel auch der Flutbericht erwähnt und somit haben wir eine ergänzende Quelle des biblischen Sintflutberichts.

 

Lexikon 2001 zum Stichwort: Gilgamesch-Epos

altsumerisches Epos um den sagenhaften König Gilgamesch von Uruk. Entstanden in der schriftlosen Zeit des 4. Jahrtausends; aufgezeichnet und umgedeutet unter der ersten babylonischen Dynastie (nach 2000 v.Chr.), überliefert in einer bruchstückhaften Bearbeitung des 4./5. Jahrhunderts v.Chr. (aus der Bibliothek Assurbanipals) und einigen Resten der sumerischen Fassung in Keilschrift.

Schildert in mythologischer Ausdeutung die Wanderung und Läuterung des leidenschaftlichen Lebenssuchers und Todesüberwinders Gilgamesch zum Führer des Volkes und berichtet vom Kampf der Könige von Ur und Kisch und einer großen Sintflut in Mesopotamien. ...

 

Auszüge aus Tafel elf:

Gilgamesch (=König von Uruk)sprach zu ihm, zum fernen Utnapischtim:

"Schau ich auf dich, Utnapischtim (=Noah),

So sind deine Maße nicht anders - wie ich bist du,

Ja, du bist nicht anders - wie ich bist du!

Mein Herz ist ganz darauf gerichtet, mit dir zu kämpfen,

Und doch ist mein Arm untätig gegen dich!

Daher sage mir: wie tratst du in die Schar der Götter und gingst dem Leben nach?"

Utnapischtim sprach zu ihm, zu Gilgamesch:

"Ein Verborgenes, Gilgamesch, will ich dir eröffnen,

Und der Götter Geheimnis will ich dir sagen.

Schuruppak - eine Stadt, die du kennst,

Die am Ufer des Euphrat liegt -,

Diese Stadt war schon alt, und die Götter waren ihr nah.

 

Die Sintflut war von den Göttern geplant

Eine Sintflut zu machen, entbrannte das Herz den großen Göttern.

Den Eid leistete ihr Vater Anu,

Enlil, der Held, der sie berät,

Ihr Minister Ninurta, ihr Deichgraf Ennugi.

Ninschiku-Ea hatte mit ihnen geschworen;

Ihre Rede jedoch gab er einem Rohrhaus wieder:

>Rohrhaus, Rohrhaus! Wand, Wand!

Rohrhaus, höre, Wand, begreife!

Mann von Schuruppak, Sohn Ubara-Tutus!

 

Schiffsbau

Reiß ab das Haus, erbau ein Schiff,

Laß fahren Reichtum, dem Leben jag nach!

Besitz gib auf, dafür erhalt das Leben!*

Heb hinein allerlei beseelten Samen ins Schiff!

Das Schiff, welches du erbauen sollst -

Dessen Maße sollen abgemessen sein,

Gleichgemessen seien ihm Breite und Länge;

Du sollst es wie das Apsû bedachen.<

Da ich's verstanden, sprach ich zu Ea, meinem Herrn:

>Das Geheiß, Herr, das du mir gegeben,

Ich achtete wohl darauf und werde danach tun.

Wie antworte ich aber der Stadt, der Bürgerschaft und den Ältesten?<

Ea tat zum Reden den Mund auf

Und sprach zu mir, seinem Knecht:

>Du Mann, zu ihnen sollst also du reden:

Mir scheint, daß Enlil nichts mehr von mir wissen will;

Da darf ich in eurer Stadt nicht mehr wohnen,

Darf auf Enlils Boden meine Füße nimmer setzen.

So will ich steigen hinab zum Apsû. (Nach Sitchin=Südafrika)

Dann wohn ich bei meinem Herren Ea.

Auf euch aber läßt er dann Überfluß regnen,

Ertrag der Vögel, auch "Verborgenes" der Fische!

Schenken wird er euch Reichtum und Ernte.

Am Morgen wird er Küchlein,

Am Abend auf euch einen Weizenregen niedergehen lassen! -<

Kaum daß ein Schimmer des Morgens graute,

Versammelt' zu mir sich das Land.

Der Zimmermann brachte die Holzpfosten,

Der Bootsbauer brachte die Klammern.

... die Männer...

... das Geheimnis.

Das Kind trug herzu das Erdpech,

Der Arme ... brachte den Bedarf heran.

Am fünften Tage entwarf ich des Schiffes Außenbau;

Ein "Feld" groß war seine Bodenfläche,

Je zehnmal zwölf Ellen hoch seine Wände,

Zehnmal zwölf Ellen ins Geviert der Rand seiner Decke.

Ich entwarf seinen Aufriß und stellte es dar:

Sechs Böden zog ich ihm ein,

In sieben Geschosse teilt' ich es ein.

Seinen Grundriß teilte ich neunfach ein.'

Wasserpflöcke' schlug ich ihm ein in der Mitte.

Für Schiffsstangen sorgt' ich, legte nieder den Bedarf:

Sechs Saren Erdpech goß für den Ofen ich dar,

Drei Saren Pech tat ich hinein;

* fast wortgetreue Wortwahl wie in dem Bericht des Atra Hasis

 

Proviant

Drei Saren Korbträgersleute waren es, die das Öl trugen:

Außer einem Sar Öl, das das Backmehl verbrauchte,

Zwei Saren Öl, die der Schiffer speicherte.

Rinder schlachtete ich für den Proviant,

Schafe tötete ich Tag für Tag;

Most, Feinbier, Öl und Wein,

Dazu Suppen tranken sie, als ob's Flußwasser wäre,

Daß sie ein Fest begingen als wie am Neujahrstag!

Bei Sonnenaufgang legte ich Hand an, das Letzte zu tun;

Das Schiff war fertig am siebenten Tag bei Sonnenuntergang.

Schwierig waren ...

Immer neue Stützhölzer brachten sie "oben und unten",

Bis das Schiff zu zwei Dritteln im Wasser schwamm.

Was immer ich hatte, lud ich darein:

Was immer ich hatte, lud ich darein an Silber,

Was immer ich hatte, lud ich darein an Gold,

Was immer ich hatte, lud ich darein an allerlei Lebenssamen:

 

Fahrgäste

Steigen ließ ich ins Schiff meine ganze Familie und die Hausgenossen,

Wild des Feldes, Getier des Feldes,

Alle die Meistersöhne hab ich hineinsteigen lassen.

Den Zeitpunkt hatte Schamasch* mir so angesetzt:

>Am Morgen werde ich Küchlein, am Abend einen Weizenregen niedergehen lassen.

Dann tritt hinein ins Schiff und verschließ dein Tor!<

Offensichtlich gibt es hier deutlich mehr Fahrgäste als in der biblischen Erwähnung.

* Der Sonnengott Schamasch war als ein Sohn des Sin ein Enkel des Gottes Enlil.

 

Die Katastrophe

Der Zeitpunkt kam herbei:

Am Morgen gingen Küchlein nieder, am Abend ein Weizenregen.

Des Wetters Aussehn betrachtete ich -

Das Wetter war fürchterlich anzusehn.

Ich trat hinein ins Schiff und verschloß mein Tor.

Dem Schiffer Pusur-Amurri, dem Verpicher des Schiffes,

Übergab den Palast ich samt seiner Habe.

Kaum daß ein Schimmer des Morgens graute,

Stieg schon auf von der Himmelsgründung schwarzes Gewölk.

In ihm drin donnert Adad,

Vor ihm her ziehen Schullat und Chanisch.

Über Berg und Land als Herolde ziehen sie.

Eragal reißt den Schiffspfahl heraus,

Ninurta geht, läßt das Wasserbecken ausströmen,

Die Anunnaki hoben Fackeln empor,

Mit ihrem grausen Glanz das Land zu entflammen.

Die Himmel überfiel wegen Adad Beklommenheit,

Jegliches Helle in Düster verwandelnd;

Das Land, das weite, zerbrach wie ein Topf.

Einen Tag lang wehte der Südsturm...,

Eilte dreinzublasen, die Berge ins Wasser zu tauchen,

Wie ein Kampf zu überkommen die Menschen.

Nicht sieht einer den andern,

Nicht erkennbar sind die Menschen im Regen.

Adad: Halbbruder von Enki und Enlil(?) Wettergott?

Eragal (Nergal?) Sohn von Enki

Ninurta: Sohn Enlils

 

Flucht der Götter

Vor dieser Sintflut erschraken die Götter,

Sie entwichen hinauf zum Himmel des Anu -

Die Götter kauern wie Hunde, sie lagern draußen!

Es schreit Ischtar wie eine Gebärende,

Es jammert die Herrin der Götter, die schönstimmige:

>Wäre doch jener Tag zu Lehm geworden,

Da ich in der Schar der Götter Schlimmes geboten!

Wie konnte in der Schar der Götter ich Schlimmes gebieten,

Den Kampf zur Vernichtung meiner Menschen gebieten!

Erst gebäre ich meine lieben Menschen,

Dann erfüllen sie wie Fischbrut das Meer!<

Die Anunnaki-Götter klagen mit ihr,

Die Götter ... sitzen da und weinen;

Die verdorrten Lippen nehmen ... -Speisen.

Sechs Tage und sieben Nächte

Geht weiter der Wind, die Sintflut,

Ebnet der Orkan das Land ein.

 

Die Zerstörungskraft der Sintflut übertraf offenbar die Erwartungen der Götter. Sie flüchteten sich auf eine ihrer Raumstationen, welche die Erde umkreisten. (Das Vorhandensein einer solchen Raumstation wurde schon aus weit zurückliegender Zeit berichtet)

Von hier aus sind sie Zeugen der Verwüstungen. Auch ihre eigenen Werke, die Arbeit ganzer Äonen, erfährt weitgehende Zerstörung.

Das Menschengeschlecht, das ihnen ans Herz gewachsen war, ihre eigene Schöpfung, wurde ausgelöscht. Dies alles traf die Götter dermaßen, daß sie weinten!

 

Ende der Flut

Wie nun der siebente Tag herbeikam,

Schlug plötzlich nieder der Orkan die Sintflut, den Kampf,

Nachdem wie eine Gebärende sie um sich geschlagen.

Ruhig und still ward das Meer, der böse Sturm war aus und die Sintflut.

Ausschau hielt ich einen Tag lang, da war Schweigen ringsum,

Und das Menschengeschlecht war ganz zu Erde geworden!

Gleichmäßig war wie ein Dach die Aue.

Da tat ich eine Luke auf, Sonnenglut fiel aufs Antlitz mir;

Da kniete ich nieder, am Boden weinend,

Über mein Antlitz flossen die Tränen. -

Nach Ufern hielt ich Ausschau in des Meeres Bereich:

Auf zwölfmal zwölf Ellen stieg auf eine Insel,

Zum Berg Nißir trieb heran das Schiff.

Der Berg Nißir erfaßte das Schiff und ließ es nicht wanken;

Einen Tag, einen zweiten Tag erfaßte der Berg Nißir das Schiff und ließ es nicht wanken;

Einen drittenTag, einen vierten Tag erfaßte der Berg Nißir das Schiff und ließ es nicht wanken;

Einen fünften und sechsten erfaßte der Berg Nißir das Schiff und ließ es nicht wanken.

 

Vögel fortgelassen

Wie nun der siebente Tag herbeikam,

Ließ ich eine Taube hinaus;

Die Taube machte sich fort - und kam wieder:

Kein Ruheplatz fiel ihr ins Auge, da kehrte sie um. -

Eine Schwalbe ließ ich hinaus;

Die Schwalbe machte sich fort - und kam wieder:

Kein Ruheplatz fiel ihr ins Auge, da kehrte sie um. -

Einen Raben ließ ich hinaus;

Auch der Rabe machte sich fort; da er sah, wie das Wasser sich verlief,

Fraß er, scharrte, hob den Schwanz - und kehrte nicht um.

 

Das Opfer

Da ließ ich hinausgehn nach den vier Winden; ich brachte ein Opfer dar,

Ein Schüttopfer spendete ich auf dem Gipfel des Berges:

Sieben und abermals sieben Räuchergefäße stellte ich hin,

In ihre Schalen schüttete ich Süßrohr, Zedernholz und Myrte.

Die Götter rochen den Duft,

Die Götter rochen den wohlgefälligen Duft,

Die Götter scharten wie Fliegen sich um den Opferer.

Sobald wie die Mach herzugekommen,

Hob sie die großen Fliegengeschmeide empor,

Die Anu ihr zum Vergnügen gemacht:

>Ihr Götter hier, so wahr des Lasuramuletts

An meinem Halse ich nicht vergesse:

Will ich die Tage hier, fürwahr, mir merken,

Daß ewig ihrer ich nicht vergesse!

Die Götter mögen nur kommen zum Schüttopfer!

Doch Enlil soll nicht kommen zum Schüttopfer,

Weil er unüberlegt die Sintflut machte

Und meine Menschen dem Verderben anheimgab!<

Sobald wie Enlil herzugekommen,

Sah das Schiff und ergrimmte Enlil,

 

Parallelbericht des Mose:

1Mo 8 (Luther)

20 Noah aber baute dem HERRN einen Altar und nahm von allem reinen Vieh und von allen reinen Vögeln und opferte Brandopfer auf dem Altar.

21 Und der HERR roch den lieblichen Geruch und sprach in seinem Herzen: Ich will hinfort nicht mehr die Erde verfluchen um der Menschen willen; denn das Dichten und Trachten des menschlichen Herzens ist böse von Jugend auf. Und ich will hinfort nicht mehr schlagen alles, was da lebt, wie ich getan habe.

...

11 Und ich richte meinen Bund so mit euch auf, daß hinfort nicht mehr alles Fleisch verderbt werden soll durch die Wasser der Sintflut und hinfort keine Sintflut mehr kommen soll, die die Erde verderbe.

 

Streit unter den Göttern

Voller Zorn ward er über die Igigi-Götter:

,Eine Seele wäre entronnen?

Überleben sollt' niemand das Verderben!<

Ninurta tat zum Reden den Mund auf

Und sprach zu Enlil, dem Helden:

,Wer bringt denn etwas hervor außer Ea?

Auch kennt ja Ea jedwede Verrichtung!

Ea tat zum Reden den Mund auf

Und sprach zu Enlil, dem Helden:

> Held, du Klügster unter den Göttern!

Ach, wie machtest unüberlegt du die Sintflut?!

Seine Sünde leg auf dem Sünder!

Seinen Frevel leg auf dem Frevler!

Lockere, daß nicht ganz abgeschnitten werde;

Ziehe hin, daß nicht getötet werde!

Statt daß eine Sintflut du machst,

Mag ein Löwe aufstehen, die Menschen zu mindern!

Statt daß eine Sintflut du machst,

Mag ein Wolf aufstehen, die Menschen zu mindern!

Statt daß eine Sintflut du machst,

Mag eine Hungersnot gesandt werden, das Land zu fällen!

Statt daß eine Sintflut du machst,

Mag Era aufstehen, die Menschen zu erwürgen!

Nicht aber enthüllt' ich der großen Götter Geheimnis!

Den Hochgescheiten ließ ich schaun einen Traum!

So vernahm er der Götter Geheimnis;

Schaffet nun für ihn Rat!<

 

Enlil umgestimmt

Da hat Enlil das Schiff bestiegen,

Meine Hand gefaßt, mich einsteigen lassen,

Lassen einsteigen, knien mein Weib neben mir,

Hat berührt unsre Stirn, zwischen uns stehend, uns segnend:

"Ein Menschenkind war zuvor Utnapischtim;

Uns Göttern gleiche fortan Utnapischtim und sein Weib!

Wohnen soll Utnapischtim fern an der Ströme Mündung!<

Da nahmen sie mich und ließen mich fern an der Ströme Mündung wohnen. -

Wer aber wird nun zu dir die Götter versammeln,

Daß du findest das Leben, welches du suchst?

 

 


Autor: B. Freytag

www.fallwelt.de/themen/sintflut/gilgames.htm