April 2008
Nur wenige Göttinnen dürften
so viel von sich reden gemacht haben wie Inanna. Ihr Name soll "Königin
des Himmels" bedeuten, weswegen sie oft auch als die Himmelskönigin gilt.
Nicht zu übersehen ist das "an" in ihrem Namen, das einen Namensbezug
zum Gott Anu hat, wie dieser auch in Begriffen wie beispielsweise
"Anunnaki" vorkommt.
Die ihr zugeschriebenen Taten
sind alles andere als schmeichelhaft, und dennoch erlangte sie große Sympathie
bei den Menschen. Ich kann mich dem nur anschließen, obwohl ich viele dieser
(wahrscheinlichen)Taten missbillige.
Ihre Abstammung ist nicht
ganz eindeutig. Je nach Mythos war sie die Tochter des Enki oder die Tochter
des Enlil. Doch gemäß Stammbäumen, die besser
hinterfragt sind, gehört sie (nur) der göttlichen Enkelgeneration an.
Danach war sie über ihren
Vater "Nannar-Sin" eine Enkelin des Enlil und über ihre Mutter
"Ningal", eine Enkelin des Enki.
Sie hatte noch einen
Zwillingsbruder: "Utu" und eine Schwester: "Ereschkigal"
In der genealogischen Rangfolge
(diese war für die Götter wichtig) nahm sie den zehnten Platz ein.
Erbrechte konnten sich (was
für uns ungewohnt scheint) vom Rang in der Ahnenfolge ableiten. Und deswegen
versuchten bestimmte Götter vorzugsweise mit solchen Frauen Verkehr zu haben,
die dem/den Nachkommen einen möglichst hohen genealogischen Rang in Aussicht
stellte.
(Es folgt eine Auswahl. Ihre
jeweilige Einordnung in den Götterpantheon kann in den verschiedenen Regionen
voneinander abweichen)
So gilt Inanna auch als:
Ischtar (Babylonien
und Assyrien)
Inaras
(Hethiter)
Ashtoreth, Ashera oder Anath (in
der Bibel)
Astarte, Aschtoret (kanaanäisch/semitisch/ugaritische
Fruchtbarkeitsgöttin)
Innin (babylonisch/sumerisch/assyrische Schlachtfeld- und
Stadtgöttin)
Anat (kanaanäisch/phönikische Fruchtbarkeitsgöttin)
Nana (armenische Göttin)
Isis (ägyptische Baum- und Siriusgöttin der Dogon)
Hathor (ägyptische Liebes-, Mond-, Himmels- und Baumgöttin)
Und
viele weitere ….
Vergleicht man die sumerische
Mythologie mit der griechischen, so gibt es gewisse Unstimmigkeiten aber auch
viele bemerkenswerte Übereinstimmungen!
Inanna hatte einen
Zwillingsbruder "Utu"
Artemis hatte einen
Zwillingsbruder "Apoll"
Kriegerischer Gesinnung waren
sie beide.
Bei den Sumerern war Inanna
noch eine Enkelin der beiden Großen, Enki und Enlil.
Könnte sie in Folge zur
(allerdings unehelichen) Tochter des Zeus avanciert sein?
Bei den Römern wurde aus ihr
Diana.
Wenn man in den alten Schriften
der Sumerer, Akkader und Babylonier die Geschichten über die Götter liest, dann
gehört Inanna zweifellos zu denen, (obwohl in dritter Generation) die es
schafft, immer wieder in den Mittelpunkt zu rücken.
Sie ist einerseits sehr
mutig, sie ist dreist, sie scheint sich aber auch mehr als andere um die
Bedürfnisse der Menschen zu kümmern.
Manchmal steckt sie so voller
Zorn und Rachsucht, dass es ihr mit ihrem Einfluss, den sie auszunutzen wusste,
mehr als einmal gelang, die Geschichte zu verändern.
Und dann waren es immer
wieder ihre Affären mit diversen Männern, welche spätere Autoren inspirierte,
sie auch als Liebesgöttin zu verehren.
Die Berichte über Inanna sind
mannigfach. Ich werde mich in Folge auf einige wenige beschränken, die in der
Mythologie besondere Beachtung fanden und diese auch nur ganz kurz skizzieren.
Etwas befremdlich ist der
Besuch Inannas in der Unterwelt.
Dumuzi, die große Liebe
Inannas, kam durch Marduks Einfluss ums Leben.
Seinen toten Körper hatte man
in Nieder-Abzu aufgebahrt. Inanna will diesen von dort holen. Doch ihre
Schwester Ereschkigal vermutet (nicht ganz unbegründet) ein Komplott. Sie lässt
Inanna entwaffnen. Gemäß der Überlieferung muss sie sieben Tore durchschreiten
und an jedem Tor eines ihrer Kleidungsstücke ablegen. Unbekleidet steht sie
dann vor Ereschkigal, welche diese Situation sofort ausnutzt und sie von ihrem
Wesir töten lässt.
Enki erfährt jedoch über
Nergal (ihrem Schwager) davon und leitet sofort Schritte ein, Inanna
wiederzubeleben, was ihm dann auch nach einigen Mühen gelingt.
Den Tod Dumuzis hatte Inanna
nicht überwunden. Sie war unzufrieden und gegenüber Marduk nach wie vor
unversöhnlich. Dann kam eine Zeit, in der sie einem gewissen Wahn verfiel, der
ihr eigentlich nicht anstand.
Ihren geliebten Dumuzi betrauerte sie
noch immer, ihrer Liebe Sehnsucht blieb ungestillt.
Während sie hin und her flog, sah sie in
den Sonnenstrahlen Dumuzis Antlitz schimmernd und lockend.
Des Nachts erschien er ihr in Träumen:
Wiederkehren werde ich!, sprach er.
Die Herrlichkeit seiner Domäne im Lande
der Zwei Schmalen Äcker versprach er ihr.
Im heiligen Bezirk von Unug-ki errichtete
sie ein Haus des nächtlichen Vergnügens.
Zu diesem Gigunu lockte sie junge Helden
mit lieblichen Worten in der Nacht ihrer Hochzeit:
Langes Leben, eine glückselige Zukunft
versprach sie ihnen; ihren Liebhaber Dumuzi stellte sie sich dabei vor.
Jeder von ihnen wurde des Morgens in
ihrem Bette tot aufgefunden.
Im Zorn gegen Marduk lenkte
Inanna einige Ereignisse dermaßen, dass sie den Verlauf der Geschichte (der
Götter) dadurch merklich beeinflusste. Sie war oft diejenige, die zu
Vergeltungsschlägen anstachelte.
So war es ihrem Einfluss
zuzuschreiben, dass ein Krieg gegen Marduk entfesselt wurde. Ein Krieg unter
den Göttern, wohlgemerkt. Marduk verbarg sich später in der großen Pyramide.
Man beschloss diese von außen zu verschließen und Marduk so einem langsamen Tod
auszusetzen.
Doch Marduks Frau gelang es,
sich für ihren Mann einzusetzen, so dass man ihn gerade noch rechtzeitig aus
seiner misslichen Lage befreite. Fortan sollte er aber in der Verbannung leben.
Die Geschichte zeigt jedoch,
dass er früher als es manchem lieb war, wieder über bestimmte Regionen
herrschen konnte.
MEs waren Gegenstand der
Begierde unter den Göttern. Wer diese hatte, der hatte Macht. Die MEs waren
bestimmten Bereichen zugeordnet. D.h., sie standen offenbar für Wissen.
Möglicherweise handelte es sich bei den MEs um gigantische Datenspeicher.
Die Machtverhältnisse der Götter wurden neu geregelt. Auch Inanna wollte ihren Teil.
Ein eigenes Land beanspruchte sie. Doch ein Land ohne MEs war nur die halbe
Erfüllung dessen, was sie sich wünschte.
Sie unternahm Schritte, Enki einige seiner MEs
abzunehmen. Dazu der Bericht wie er im Verschollenen Buch Enki steht:
Mit Juwelen war Inanna bedeckt, ihr
dünnes Kleid verriet ihren Körper.
Als sie sich niederbeugte, wurde ihre
Scham von Enki gründlich bewundert.
Aus den Weinschalen tranken sie lieblichen
Wein, im Biertrinken machten sie einen Wettstreit.
Zeige mir die MEs!, sagte Inanna neckisch
zu Enki; laß mich ME in meinen Händen halten!
Siebenmal während ihres Wettstreits gab
Enki Inanna MEs in die Hand, die göttlichen Formeln für die Herrschaft und das
Königtum, für die Priesterschaft und die Schriftgelehrten, für die Kunst der
Bekleidung und des Krieges gab Enki MEs in Inannas Hand.
Für Musik und Gesang, Holzarbeit und
Metalle und kostbare Steine vierundneunzig MEs, die zivilisierte Königtümer
brauchen, reichte er ihr.
Ihren Gewinn fest in den Armen, schlüpfte
Inanna dem dösenden Enki davon.
Zu ihrem Himmelsboot eilte sie hinaus,
befahl ihrem Piloten hinaufzusteigen.
Nachdem Enki wieder bei klarem Verstand
war, bemerkte er den Verlust der MEs. Er wollte sie auf jeden Fall zurück in
seinen Besitz bekommen. – Enlil selbst kümmerte sich um diese Angelegenheit.
Doch Inanna wies darauf hin, dass Enki ihr die MEs ganz rechtmäßig übergeben
hatte, was Enki dann auch zugab.
Inanna wird für unseren
Geschmack oft sehr freizügig dargestellt; barbusig versteht sich. Einmal mit
Flügeln - einmal ohne, einmal reptiloid
- einmal eher humanoid.
Sie gehört zu jenen Göttern,
die (unverhältnismäßig oft auf Rollsiegeln oder in Reliefs eingemeißelt) der
Nachwelt erhalten geblieben sind. Wobei nicht jedes Bildnis, welches ihr
zugedacht wird, Inanna zwangsläufig darstellen muss.
Waren es ihre vielen
Affären oder andere mythische Überlieferungen, welche ihr dieses Image
(Aussehen) verliehen?
Als eine Art Himmelsgöttin
rückt sie auch in die Nähe der Maria (im Denken der Katholiken, versteht sich).
Und damit wird sie zu einem Gott, der von vielen angebetet (angerufen) wird;
sie gilt ähnlich wie Maria als eine Fürsprecherin für die Menschen. Vielleicht
mit dem Unterschied, dass ihr in Sachen Erotik und Verführungskunst mehr
Kompetenz zugesprochen wird. Tatsächlich soll sie sich, so die Überlieferung,
einst sehr für die Menschen in ihrer Region (Uruk) eingesetzt haben.
Im Land von
Euphrat und Tigris mit seinen mächtigen Städten herrschte Inanna in Uruk - als
Göttin, Königin und Hohepriesterin ihres Tempels. Zum Gemahl nahm sie sich
einen Sterblichen, den jungen Hirten Dumuzi, den sie zum König machte und zum
Mitregenten über ihre Stadt. Alljährlich vollzogen sie die Heilige Hochzeit bei
einem rauschenden Fruchtbarkeitsfest im Frühjahr, und das gesamte Volk nahm
daran teil. Viele Jahrhunderte hindurch wurde diese mythische Hochzeit, der
Hieros Gamos, von den Menschen zur Frühlingszeit nachvollzogen, wobei die
Königin oder die Hohepriesterin sich mit dem König vereinigte, um die
Fruchtbarkeit der Natur, das neue Erblühen und Grünen, die neue Frucht zu
gewährleisten.
"Vor meinem geistigen Auge sah ich, wie meine Tempel
von Marduks Leuten entstellt und beschädigt wurden. Alle Bilder der Göttin
wurden durch sein eigenes ersetzt. Er meißelte seinen Namen in Stein, wo er
meinen entfernt hatte und schrieb die Geschichte neu. Er selbst wurde zum
Helden jeder Geschichte und Überlieferung. …
Danach war es Marduk, der die Geschicke des Menschen
weitgehend beeinflusste. Ihm ist es offenbar auch zuzuschreiben, dass viele Ereignisse
umgeschrieben wurden. Alte Keilschrifttexte weisen z.B. Enki als den Schöpfer
(Genetiker) unserer Spezies aus, wohingegen neuere Texte Marduk als solchen
ausweisen.
Ich dachte an
all die anderen, die ich werden würde. Die Kraft meiner Liebe und Hingabe
setzte Hunderte von Leben in Bewegung, als ich, Inanna, mich als Lulu
verkleidete, hinabstieg auf Terra, um all die Begrenzungen von Fleisch und Blut
zu erfahren.
So ist Inanna (einst eine
Göttin) auch Mensch geworden, eingebunden in eine ganze Kette von
Inkarnationen. Einerseits, um das Leben als Mensch zu erfahren und
andererseits, um die Ereignisse die sie einst mitverursachte, wieder
aufzulösen. Dazu gehört auch, den Menschen, die anfangs nur als Arbeiter
gedacht waren, das Wissen zu geben, was man ihnen einst vorenthalten hatte und
natürlich auch die Strukturen zu beseitigen, welche die Menschheit
unterdrücken.
(Eine kl. Auswahl)
Über Inanna gibt es noch
viele lesenswerte Artikel.
So z.B. auf inanna.de die
Hymne (das Lied) der Inanna. Zitiert aus dem Sumerischen
www.inanna.de/
Oder den Gilgamesch-Epos, in
welchem Inannas werben um Gilgamesch (6.Tafel) geschildert wird.
http://www.lyrik.ch/lyrik/spur1/gilgame/gilgam6.htm
Oder die Begebenheiten in
Verbindung mit dem Huluppu-Baum.
http://imdugud.com/gedicht.htm
Autor: B. Freytag
www.fallwelt.de/goetter/inanna.htm