August 2007
Ein Mythus über die Menschwerdung ist uns auch aus dem
amerikanischen Raum erhalten geblieben. Ungewöhnlich daran ist, dass dieser "Bericht" von unseren
abendländischen Vorstellungen in keiner Weise beeinflusst wurde.
Dass es dennoch Überschneidungen gab, (was bei einem
gewissen Wahrheitsgehalt über unsere Ursprünge anzunehmen ist) sollte uns zu
denken geben und dem Popol Vuh in unseren Betrachtungen einen festen Platz
einräumen.
Danach waren die Götter sehr an einem Wesen
interessiert, das ihnen zu Diensten stehen konnte. Aber es sei darauf
hingewiesen: Dieses geplante Menschenwesen sollte nur in eingeschränkter Form
geistige Fähigkeiten besitzen.
Und die Erzeuger sagten zueinander: "Das ist nicht gut."
Zu den Tieren sagten sie: "Wir werden euch ersetzen, da ihr
nicht sprechen könnt. Wir haben unseren Sinn geändert. Eure Nahrung, euer Gras,
eure Lager und Nester sollt ihr haben, in den Schluchten und Wäldern werdet ihr
sie haben. Ihr waret nicht fähig, uns anzubeten und anzurufen. Darum werden wir
andere schaffen, die uns willig sind. Das ist fortan euer Schicksal: euer
Fleisch wird vertilgt werden. So sei es. Das sei euer Schicksal."
So verkündeten sie ihren Willen den Tieren auf der Erde Antlitz,
den kleinen und den großen.
So galt es denn einen neuen Versuch, den Menschen zu schaffen und
zu bilden. Der Schöpfer, der Former und die Erzeuger sagten: "Auf ein
neues! Schon naht die Morgenröte. Schaffen wir jene, die uns erhalten und ernähren. Was ist zu
tun, daß man uns anrufe und erinnere auf der Erde? Schon schufen wir unsere
ersten Werke, unsere ersten Wesen. Aber sie konnten uns nicht preisen und
verehren. Laßt uns denn ein Wesen schaffen, das gehorsam sei und ergeben und
uns nährt und erhält."
Also sprachen sie. ...
Und Huracan und Tepeu und Gucumatz sagten zu den Zauberern, die die
Sonne aufgehen lassen und einschließen: "Es gilt eine neue Zusammenkunft. Es
gilt die Mittel zu finden, daß der Mensch, den wir formen, der Mensch, den wir
schaffen werden, uns erhalte und nähre, daß er uns anrufe und unserer
gedenke."
"Kommet denn zur Beratung, ...
Es sprachen Urahnin und Urahne, der Schöpfer und Former, jene auch,
die sich Tepeu und Gucumatz nannten: "Schon will es Morgen werden. Lasset
uns das Werk der Schöpfung schön vollenden. Erscheinen sollen, die uns erhalten
und ernähren, die leuchtenden Söhne des Lichts. Es erscheine der Mensch! Belebt
sei der Erde Antlitz!"
... Man sagt, daß jene erschaffen und geformt wurden, nicht Mutter
hatten sie, nicht Vater, doch nannte man sie Männer. Sie wurden nicht aus einem
Weibe geboren, von Schöpfer und Former wurden sie nicht erzeugt, auch nicht von
Alom und Caholemi. Nur durch ein Wunder, durch Zauber wurden sie geschaffen und
geformt, von Tzakol, Bitol, Alom, Caholom, Tepeu und Gucumatz.
Und da sie wie Menschen aussehen, waren sie Menschen.
Sie sprachen, unterhielten sich, sahen und hörten, liefen und
ergriffen Dinge.
Es waren gute und schöne
Menschen und ihr Körper war der des Mannes.
Vernunft war ihnen gegeben.
Sie schauten und sogleich
sahen sie in die Ferne; sie erreichten, alles zu sehen, alles zu kennen, was es
in der Welt gibt.
Wenn sie schauten, sahen sie sogleich alles mit Umkreis und
ringsherum sahen sie die Kuppel des Himmels und das Innere der Erde.
Alle fernverborgenen Dinge
sahen sie, ohne sich zu bewegen.
Sofort sahen sie die ganze Welt, und sie sahen diese von dort, wo
sie standen.
Groß war ihre Weisheit.
Ihr Auge reichte bis zu den Wäldern, den Felsen, den Lagunen, den
Meeren, den Bergen und den Tälern.
Wunderbare Menschen waren sie in Wahrheit: der Waldjaguar und der
Nachtjaguar, der Nachtherr und der Mondjaguar.
Darauf fragte sie der Schöpfer und Former: "Wie dünkt euch
euer Dasein? Seht ihr nicht? Hört ihr nicht? Sind eure Sprache und euer Gang
nicht gut? Schauet denn! Betrachtet die Welt! Sehet, ob die Berge und die Täler
erscheinen! Versucht denn zu sehen!"
Also sprachen sie.
Und sogleich sahen jene alles, was es in der Welt gab. Und sie
dankten darauf dem Schöpfer und Former.
"Wahrlich, wir danken euch, zweimal, dreimal. Erschaffen
wurden wir, einen Mund hat man uns gegeben und ein Gesicht. Wir sprechen,
denken, gehen. Vorzüglich erscheint uns alles, und wir kennen alles, sei es
ferne oder nahe. Und was groß ist oder klein am Himmel oder auf Erden - wir
sehen es. Ja, wir danken euch, daß ihr uns schufet, dir Schöpfer, dir Former;
daß ihr uns das Dasein gegeben habt, Großmutter, Großvater unser!" So
sagten sie, dankend für die Schöpfung und Formung.
Bald kannten sie alles.
Und sie erforschten die vier Windrichtungen und die vier
Himmelsrichtungen und das Antlitz der Erde.
Aber die Schöpfer und Former hörten das nicht gerne.
"Es ist nicht gut, was
unsere Geschöpfe, unsere Werke sagen. Alles wissen sie, das Große und das Kleine."
Also sprachen sie.
Und sie hielten neuerlich Rat mit den Erzeugern. "Was sollen
wir jetzt mit jenen tun?" "Daß sie nur das Nahe sehen, nur ein wenig vom Antlitz der Erde."
"Deren Rede ist nicht gut. Sind sie nicht, wie sie sind, bloße
Geschöpfe und Machwerke? Sollen
sie gleichfalls Götter sein? Und wenn sie nicht zeugen und sich nicht
vermehren, wenn es dämmert, wenn die Sonne aufsteigt? Was, wenn sie sich nicht
vermehren?"
So sprachen sie.
"Unterdrücken
wir ein wenig ihre Wünsche, denn was wir sehen, ist nicht gut. Sollen sie am
Ende uns gleich sein, die wir sie schufen, und die wir in weite Ferne
sehen, alles wissen und alles sehen?"
... So sprachen sie und sogleich veränderten sie die Art ihrer Werke
und Geschöpfe.
Es warf das Herz des Himmels
einen Schleier über ihre Augen. Und
die trübten sich, wie wenn ein Hauch über den Spiegel geht. Ihre Augen trübten
sich: sie konnten nur noch sehen, was nahe war, nur was klar war.
So wurden zerstört die Weisheit
und alle Kenntnisse der vier Menschen des Ursprungs und Anfangs.
So wurden geschaffen und geformt unsere Ahnen, unsere Väter.
Vom Herzen des Himmels, vom Herzen der Erde.
Der Popol Vuh liefert uns einen ganz deutlichen
Hinweis darauf, dass der Spezies Mensch etwas wesentliches vorenthalten – oder
nach diesen Worten – wieder fortgenommen wurde.
Was uns jetzt fehlt, der Zugang zur Geistigkeit, die
Verbindung zu unserem inneren Menschen, haben uns unsere Erschaffer nicht
gegönnt.
Sie wollten Unterwürfigkeit, Dank und Lob. (An aller
erster Stelle aber Dienstleistende). Dieses Verhalten haben sie den Menschen
mittels der Gene eingepflanzt. Er ist so zu einem besseren Hündchen geworden,
immer auf HErrn (Gott) fixiert.
Sind solche Götter überhaupt des Lobes und der
Anbetung würdig???? Jeder möge das für sich entscheiden.
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Weitere Varianten, mit aufschlussreichen Hinweisen,
finden wir auch in den nachfolgenden Menschwerdungsdarstellungen.
Aus der Sicht sumerischer Mythen
Aus der Sicht von
Ausserirdischen
Aus einer gechannelten
Version
Und weitere ….
Ich will nicht ausschließen, dass es weitere
erwähnenswerte Darstellungen unserer Menschwerdung gibt. – Sollte ich in dieser
Hinsicht fündig werden, werde ich meine Aufsatzreihe ergänzen.
Autor: B.
Freytag
www.fallwelt.de/goetter/mensch_popolvuh.htm